Kalehiwot Habtewolds - der Kräuterkönig posiert mit Pflanze

Der Kräuterkönig aus Ankober: Medizin aus Pflanzen und Bäumen

06
März 2025

Aktuelles

Kalehiwot Habtewolds größter Schatz lagert in einem grünen Safe unter seinem Schreibtisch. Dort bewahrt er Bücher auf, in denen Bäume, Sträucher und Früchte aufgelistet sind. Heilpflanzen, die helfen sollen bei allerlei Beschwerden: Wermutkraut gegen Verdauungsprobleme und Erkältung, Raue Spreublume bei der Wundheilung und die Erde eines Termitenhügels, von den Insekten befreit und abgekocht, bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Kalehiwot ist Experte für Kräutermedizin und weiß, die Apotheke der Natur ist groß.

 

Vor allem in Ankober, einem Bezirk am östlichen Rand des äthiopischen Hochlands, in dem noch ursprüngliche Wälder wuchern und zahlreiche endemische Pflanzen wachsen. „Überall findet man Heilkräuter“, erklärt der Mitvierziger. Er lebt in Gorbela, der Bezirkshauptstadt, ist Bischof der Orthodoxen Kirchengemeinde und arbeitet als Religionslehrer. Es gibt viele traditionelle Heiler wie ihn in Äthiopien. Ihre Medizin nimmt eine wichtige Rolle in der Gesundheitsversorgung des Landes ein. Das Vertrauen in sie ist groß. Vor allem im ländlichen Äthiopien mangelt es an Ärzten und Krankenhäusern.

Bewahrung über Generationen

Meist wird das indigene Wissen von Generation zu Generation übergeben. Kalehiwots Großvater zeigte ihm die Kraft der Kräuter. „Wir zogen früher ständig durch den Wald“, erinnert sich Kalehiwot. Der ältere Naturmediziner wies seinen Enkel auf die wichtigsten Bäume und Sträucher hin, erklärte, wie er die Pflanzen zubereitet und dosiert. Seither sieht er seine Berufung darin, Menschen zu helfen.

Kalehiwot Habtewolds bewahrt all seine Kräuter sorgfältig auf
Kalehiwot Habtewolds größter Schatz: eine Sammlung an Büchern, in denen Bäume, Sträucher und Früchte aufgelistet sind.

Noch genau erinnert er sich an einen Jungen, der einst mit seinem Vater zu ihm kam. Er litt an Magenkrämpfen, war appetitlos. Kalehiwot erkannte, dass der Junge von einem Darmparasiten befallen war. Er gab ihm den Saft einiger Blätter. Bereits kurze Zeit später ging es dem Patienten besser. „Heute ist er groß, arbeitet und hat selbst Kinder“, sagt Kalehiwot stolz. Regelmäßig tauscht er sich mit Gleichgesinnten aus, ist Vorsitzender einer Vereinigung von rund 150 Kräutermedizinern und Heilern aus der Gegend. Vor einigen Jahren starteten sie mit Wissenschaftlern der Universität der nahe gelegenen Stadt Debre Berhan ein außergewöhnliches Projekt. „Wir haben ihnen Bäume und Sträucher gegen Grippesymptome und Kopfschmerzen gezeigt, die sie in ihren Laboren untersucht haben“, erklärt Kalehiwot. „Sie bestätigten die Wirkung.“ Mit der Zusammenarbeit möchten er und die anderen die Heilkraft der Pflanzen beweisen, jüngere Menschen für die Kräutermedizin begeistern und darauf aufmerksam machen, dass die Wälder vor Abholzung geschützt werden müssen. „Es ist so wichtig, dass unsere Lehre nicht verloren geht“, sagt Kalehiwot. „Denn die Natur kann uns Menschen helfen.“

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