
Europäisches Lieferkettengesetz: die Stimme der Betroffenen wird vernachlässigt
Das Lieferkettengesetz verpflichtet Unternehmen dazu, die menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten zu erfüllen und Umweltstandards einzuhalten. Eine solche Regelung ist aus unserer Sicht unerlässlich, doch die aktuelle Ausgestaltung könnte Millionen Kleinbäuerinnen und -bauern in ihrer Existenz bedrohen.
Betroffene nicht am Verhandlungstisch
Nach unserer Einschätzung liegt in der Ausgestaltung der europäischen Richtlinie ein erheblicher struktureller Fehler vor: Die kleinbäuerliche Lebensrealität wurde nicht berücksichtigt, die Betroffenen nicht rechtzeitig und ausreichend in die Verhandlungen über das Gesetz einbezogen. „Anstatt die schwächsten Glieder der Lieferkette zu schützen, könnte das Gesetz dazu führen, dass Millionen von Kleinbauern vom europäischen Markt ausgeschlossen werden“, befürchtet Menschen für Menschen-Vorstand Dr. Sebastian Brandis und äußerte diese Sorge auch im Bayerischen Rundfunk.
Es steht außer Frage, dass ein Lieferkettengesetz sinnvoll und überfällig ist, um die Welt mit ihren verästelten Lieferketten fairer und nachhaltiger zu machen. Doch die eurozentristische Perspektive greift hier einfach zu kurz. Die Ausgestaltung des Gesetzes muss so erfolgen, dass die Interessen von direkt Betroffenen berücksichtigt und diese am Ende tatsächlich bessergestellt werden“, bezieht Dr. Brandis Stellung.
Das betrifft besonders Lieferketten in Drittländern, die die geforderte Infrastruktur nicht haben. Gerade im Lebensmittelbereich ist das häufig der Fall – etwa beim Kaffee in Äthiopien. Dort durchläuft eine einzelne Kaffeebohne oft viele Stationen, angefangen beim Kleinbauern über den lokalen Markt bis hin zum internationalen Exporteur. In solch kleinteiligen Lieferketten ist die geforderte Nachverfolgbarkeit noch nicht gegeben. Hier bedarf es Unterstützungsprogramme, um diese aufzubauen.