Verehrt als Heilsbringer, gefeiert als Staatsgast, vom eigenen Militär entmachtet. Der letzte Kaiser von Abessinien, Haile Selassie, war ein Mann mit vielen Gesichtern. Von den Rastafari wurde der äthiopische Kaiser gar als Messias verehrt.
Verehrt als Heilsbringer, gefeiert als Staatsgast, vom eigenen Militär entmachtet. Der letzte Kaiser von Abessinien, Haile Selassie, war ein Mann mit vielen Gesichtern. Von den Rastafari wurde der äthiopische Kaiser gar als Messias verehrt.
Haile Selassie, der letzte Kaiser der jahrtausendealten Dynastie Äthiopiens, wurde am 23. Juli 1892 als Fürstensohn mit dem Namen Ras Tafari Makkonen geboren. Sowohl seine angebliche Abstammung vom alttestamentarischen König Salomon und der sagenumwobenen Königin von Saba als auch seine Intelligenz und sein politisches Geschick verhalfen ihm zum Sprung vom Berater zum Kaiser Äthiopiens.
Am 2. November 1930 krönte er sich selbst zum “König der Könige” und regierte fortan als Kaiser Haile Selassie über damals 22 Millionen Äthiopier. Hauptanliegen seiner Regentschaft war es, die Unabhängigkeit Äthiopiens zu wahren und gegen eine drohende Kolonialisierung zu kämpfen. Deshalb entschied er sich, das Land zu modernisieren, um mit dem “europäischen Fortschritt” standhalten zu können.
Auf seine Initiative hin wurde 1931 die erste äthiopische Verfassung in Kraft gesetzt, die Verfassung des Kaiserreiches Abessinien. Jedoch diente sie eher der Machtabsicherung des Kaisers, unterstanden ihm danach doch die drei Gewalten. Dennoch gehen auf Selassie wichtige Reformen zurück, beispielsweise im Bildungssektor. Zudem verbot er die Sklaverei. Die Nähe zum Volk und der scheinbar unendliche Reichtum brachten ihm den weltweit bekannten Titel “Märchenkaiser”.
Entgegen seiner Unabhängigkeitspläne wurde Äthiopien 1935 von Italien überfallen und sechs Jahre lang besetzt. Diese Zeit verbrachte der “Wolkenkuckuckskaiser”, wie ihn “Der Spiegel” betitelte, im englischen Exil, und verteidigte sein Land von dort auf diplomatische Weise. Nachdem die Besetzung beendet war, kehrte er 1941 in sein Heimatland zurück. Allerdings kam er ohne seinen bisherigen Reformwillen zurück und widmete sich vornehmlich dem eigenen Machterhalt und zahlreichen Auslandsreisen.
Haile Selassie mit John F. Kennedy bei einer Parade vor dem Weißen Haus (Foto: Office of the Naval Aide to the President via Wikimedia Commons)
Haile Selassie mit einem General aus Mali (Foto: Jpvallat via Wikimedia Commons)
Statt sich um sein Volk zu kümmern, begann Selassie die Welt zu bereisen. 1954 war der “Reisekaiser” gar der erste offizielle Staatsgast der Bundesrepublik Deutschland. Auch Persönlichkeiten wie John F. Kennedy und Queen Elisabeth stattete er Besuche ab. Besonders euphorisch jedoch wurde Selassie auf Jamaika empfangen. Die Bewunderung für diesen mächtigen Mann aus Afrika ließ dort eine Glaubensgemeinschaft entstehen, die auch heute noch als Rastafari-Bewegung bekannt ist. Für ihre Anhänger ist der frühere äthiopische Herrscher der im Alten Testament angekündigte Messias und gilt als Heilsbringer im Kampf für die Gleichberechtigung der Schwarzen.
Kaiser Selassie stellte den Anhängern der “Heilserwartungsbewegung” der Rastafari sogar ein Stück Land in Äthiopien zur freien Verfügung (die heutige Stadt Shashemene). Tatsächlich gründeten sie damals eine Community, die bis heute besteht und leben dort ihre Religion. Das Zusammenleben mit den anderen äthiopischen Bevölkerungsgruppen gestaltet sich bis heute jedoch nicht ganz unkompliziert. Denn während die Rastafari Haile Selassie auch heute noch verehren, ist er für die meisten Einheimischen ein Kaiser, der sie in der größten Not im Stich gelassen hatte.
Während er international als Wohltäter und schillernde Persönlichkeit gefeiert wurde, vernachlässigte Selassie sein Volk immens.
So betrug beispielsweise die Lebenserwartung der Äthiopier damals nur 38 Jahre. 90 Prozent der Bevölkerung konnten weder lesen noch schreiben.
Als 1972 im Norden Äthiopiens eine fürchterliche Dürre die Menschen in ihrer Existenz bedrohte, exportierte Haile Selassie weiterhin Tonnen an Getreide, um seinen eigenen Wohlstand zu finanzieren. An diesem Punkt wendete sich sein Volk endgültig gegen ihn. Das Militär entmachtete schließlich den Kaiser. 1975 verstarb er unter ungeklärten Umständen in Gefangenschaft.
(Titelfoto: Associated Press via Wikimedia Commons)
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