Hyänen-Mann von Harar

Der Hyänen-Mann: eine ungewöhnliche Liaison zwischen Mensch und Tier

13
Feb. 2020

Kurioses

Ein karges Feld am späten Abend, vor den Toren der Stadt Harar, ist die Bühne. In der Hauptrolle ein Mann namens Yussuf, angestrahlt von den Scheinwerfern eines schweren Jeeps.

Erster Akt: Yussuf, in Jeans und Windjacke, kniet auf dem staubigen Boden und jault auf wie eine Feuerwehrsirene. Wenig später funkeln zwei Augen in der Dunkelheit. Dann schält sich eine kräftige Hyäne aus der Finsternis, gefolgt von zwei, vier, sechs weiteren Tieren. Sieben Hyänen, die Körper gedrungen, das Fell struppig, trotten auf Yussuf zu. Zweiter Akt: Yussuf zieht einen stinkenden Fetzen Fleisch aus einem Beutel hervor und legt ihn über ein Stöckchen. Eine Hyäne fasst Mut, hastet in den Lichtkegel, schnappt sich das Fleisch und verschwindet im Halbdunkel. Das gespenstische Schauspiel lässt sich jeden Abend am Stadtrand von Harar im Osten Äthiopiens beobachten.

Hyänen-Männer wie Yussuf, rufen die Tiere und füttern sie unter den Augen von Schaulustigen. Doch diese Auftritte sind mehr als Shows für Touristen. Yussuf und seine Kollegen zelebrieren eine ungewöhnliche Liaison zwischen Mensch und Tier.

In Harar gelten Hyänen nicht als verschlagene Bestie, sondern als treuer Freund. Der wechselseitige Respekt resultiert der Sage nach aus einer Art Friedenspakt.

Die Geschichte geht so: Nach dem Bau der Stadtmauer im 16. Jahrhundert wurden die Hyänen zunächst aggressiv und griffen Menschen an. Der Grund dafür sei, sagte der Hyänen-König, dass sie wegen der Mauer nicht mehr in den Straßen nach Futter suchen könnten. Mensch und Tier einigten sich: Die Stadtbewohner schlugen Löcher in die Mauer, durch die die Tiere schlüpfen konnten. Die verzichteten im Gegenzug darauf, Menschen anzugreifen und befreiten die Stadt von bösen Geistern, den “Dschinns”. Zum Dank servieren die Menschen den Hyänen einmal im Jahr – und das stimmt wirklich – Haferbrei in Schüsseln.

Der Hyänen-Mann von Harar

Der Pakt hält bis heute: Menschen und Hyänen gehen sich respektvoll aus dem Weg. Mit einer Ausnahme: Männer wie Yussuf suchen die Nähe der Tiere, vielleicht, um aller Welt zu zeigen, wie weit deren Domestizierung vorangeschritten ist. Der dritte und letzte Akt zeugt davon: Yussuf steckt ein Stück Fleisch auf das schmale Stöckchen. Länge: maximal 20 Zentimeter. Das andere Ende steckt er sich in den Mund. Schon trabt eines der kräftigen Tiere heran, wird langsamer, bis es direkt vor Yussuf steht. Mensch und Tier – Auge in Auge. Die Hyäne schnappt das Fleisch vom Stöckchen. Und zieht ab.

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